Ilit Azoulay, Blue, 2013
© VG Bild Kunst, Bonn 2023
Verwundert steht man als Betrachter vor Ilit Azoulays Werk „Blue“. Dass es sich tatsächlich um eine Fotografie handelt, und nicht um eine Collage auf zerknittertem, löchrigem Papier, erschließt sich erst auf den zweiten Blick.
Doch die herausragende Fotokunst der in Jaffa geborenen, in Berlin lebenden Künstlerin hat noch viele weitere Facetten. Fotografie und insbesondere die Foto-Assemblage ist für Ilit Azoulay ein Medium, um die Mehrdeutigkeit von Objekten einzufangen und dem Betrachter neue Wahrnehmungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Und tatsächlich: Zunächst vor allem magisch angezogen von dem leuchtenden Blau des Bildes, kommt der Betrachter schnell ins Überlegen: Warum ist das schöne Papier – übrigens ein Stück Leinwand, das früher zur Projektion von Dias diente – so beschädigt? Was hat dazu geführt, dass der breite Streifen im oberen Drittel des Bildes ausgebleicht ist und türkis schimmert? Handelt es sich bei der Scheibe um einen Kamerafilter? Woher kommt eigentlich der Schatten, den dieses runde Objekt wirft?
Mit der Foto-Assemblage „Blue“ komponiert die international bekannte Künstlerin, die 2022 den Israelischen Pavillon auf der Biennale in Venedig gestaltete, ein Wechselspiel. Farben und Formen, Licht und Schatten, Falten und Glätte, Transparenz und Opazität, Konkretes und Diffuses, Zerstörung und Perfektion bilden überraschende Einheiten und spannungsvolle Kombinationen.
Azoulay beweist mit „Blue“ einmal mehr, welche Strahlkraft ihre Werke besitzen. Es lohnt, sich tiefgehender mit dieser außergewöhnlichen Künstlerin und ihrem vielfältigen Œuvre zu beschäftigen.
