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Carin Grudda – Bronze. Aber anders.

Carin Grudda © Massimo Damiano

 

 

Es gibt kaum ein Material in der Kunst, das so monumental, so erhaben erscheint, wie Bronze. Götter und Helden, Kaiser und Könige überdauern seit der Antike in dem schweren metallischen Braun der Bronze die Jahrhunderte. Das Material hat sie im wahrsten Sinne des Wortes ver-ewig-t.

Und dann kommt da eine, und wirft alles über den Haufen. Sie fängt an mit dem Material zu spielen, dem Schweren Leichtigkeit, dem Ewigen Vergänglichkeit einzuhauchen. Allerhand.

Carin Grudda (geb. 1953) ist bereits eine international bekannte Malerin und Grafikerin, als sie 1998 ihre Faszination für Bronze entdeckt. Damals lernt sie dank eines Kunstpreises die italienische Kunstgießerei Caporella und sämtliche Techniken des Bronzegusses kennen. Inspiriert vom Dada beginnt die Künstlerin, mit dem schweren Material zu experimentieren. Sie entdeckt ein – streng geheim gehaltenes – Verfahren, die Bronze in ein strahlendes Blau zu färben. Sie entwickelt fantastische, mitunter kindlich-naiv oder archaisch anmutende Figuren. Zu ihren Werken zählt ein flügelloser Pegasus ebenso wie eine Papagena mit Vogel auf dem Kopf oder die riesige Katze BLAU Miau. In Ingelheim bewacht ein großer und zugleich niedlicher Zerberus die Stadtverwaltung. Darüber hinaus gestaltet Grudda für die Stadt am Rhein einen kompletten Brunnen mit wasserspeienden Hühnern und Fischen. Auf einem Papierboot balanciert eine Tänzerin und ein König steht hoch oben auf dem Dach eines benachbarten Gebäudes. Ein Laserstrahl verbindet die beiden nach Einbruch der Dunkelheit. Carin Grudda hat einen Platz zum Zusammenkommen, Spielen und Staunen geschaffen. Ihre Bronzefiguren sollen und dürfen berührt und erklettert werden, und – das wäre für Grudda vielleicht das Schönste – ein Lächeln auf die Lippen der Betrachter zaubern. Welchem altehrwürdigen Herrscher-Monument ist das je gelungen?

Nur wenige Kilometer entfernt war Ingelheims Stadtteil Großwinternheim von 1993–2001 Carin Gruddas Wahlheimat. Hier bietet die schwere Bronzetür In Between interessante Perspektiven und Lichtspiele, wenn die Sonne im richtigen Winkel durch den geöffneten Türflügel strahlt. Frei stehend, ohne den Kontext eines Gebäudes, wirkt sie geradezu surreal. Und so manch einer mag sich bereits gefragt haben, ob man durch die Tür in ein märchenhaftes Reich gelangen kann, wenn man nur fest genug daran glaubt.

Neben den großen und kleinen Vollplastiken verfolgt Carin Grudda mit dem Bronzeguss seit 2000 noch ein weiteres Konzept: die Spurenbilder. Deren Entstehungsprozess beginnt mit dem Sammeln: Schneckenhäuser und Schuhsohlen, Alltägliches und Weggeworfenes, alles, was Gruddas Aufmerksamkeit erregt und für gut befunden wird, wird mitgenommen, aufbewahrt und später in einem intuitiven kreativen Prozess arrangiert und kombiniert. Die Künstlerin tritt in den Dialog mit den Gegenständen, schafft neue, überraschende Sinneinheiten. In Bronze gegossen wird Kunstunwürdiges zu einer ästhetischen Entdeckung. Zugleich werden die im Verfall begriffenen Fundstücke verewigt und erinnern doch unweigerlich an die Vergänglichkeit allen Seins. Grudda selbst erklärt: „Die Spurenbilder sind Bronzeplatten, auf denen ich Abdrücke, Eindrücke und Objekte hinterlasse, so wie viele andere Menschen auch, da ich deren Spuren sammle.“ (1)

Im Kontext dieser Spurenbilder ist auch das Werk „Hier – woanders“ im Innenhof des Obentraut3 zu betrachten. Die Künstlerin lernte das Weingut während ihrer Zeit in Großwinternheim kennen, und lagerte hier auch schon mal großformatige Werke zwischen. Die acht blauen Bronzetafeln hat Carin Grudda, die inzwischen in Italien lebt, exklusiv für diesen besonderen Ort, den das Stifterehepaar Gemünden geschaffen hat, entworfen.

(1) Quelle: Interview von Kerstin Bachtler mit Carin Grudda: https://www.carin-grudda.de/die-eule-der-minerva-beginnt-ihren-flug-in-der-daemmerung

 Lesen Sie mehr zu ihrem Werk  Hier – woanders  von 2022.

Museum Obentraut3

Obentrautstraße 3a
55218 Ingelheim-Großwinternheim

+49 (0)6130 94 93 282
info@kunstimaltenweingut.de

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